Jüngere Menschen unter 40 Jahren rücken zunehmend in Entscheiderpositionen vor (z.B. als leitende Angestellte, Führungskräfte, Selbstständige mit mehreren Mitarbeitern). Wie unterscheiden sich deren berufliche Mediennutzung und deren Informationsbedürfnis von dem älterer Entscheider ab 50 Jahren bzw. jüngeren Entscheidern in der Vergangenheit?

Lena-Marie Hesse: Die grundsätzliche Anforderung, dass Medien im beruflichen Kontext qualitativ hochwertige, glaubwürdige und gut recherchierte Inhalte bieten müssen, hat sich nicht geändert. Geändert hat sich die Art wie und wo diese Inhalte konsumiert werden. Für jüngere Entscheider spielen digitale Medien eine deutlich größere Rolle. Es geht also für Medien darum, Inhalte aus klassischen Zeitungen, Zeitschriften und Websites für relevante Kanäle wie Social Media (z.B LinkedIn) oder auch Podcasts aufzubereiten oder neu zu erstellen. Dabei müssen sie darauf achten, dass Inhalte mobiloptimiert, snackable und shareable sein müssen. Sie dürfen auch gern Audio- und Videobestandteile enthalten. Der klassische mehrseitige Leitartikel hingegen verliert immer öfter an Relevanz.

(Inwiefern) Sind für jüngere Entscheider digitale Medienangebote, Social Media, Fachblogger und -Influencer wichtiger als die herkömmlichen Entscheidermedien?

Hesse: Diese Themen haben in der Vergangenheit deutlich an Relevanz in der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung gewonnen, es geht aber dabei nicht unbedingt um ein Entweder-Oder, sondern um ein Und. Für etablierte Entscheidermedien ergibt sich die Chance, diese neuen Formen für sich zu nutzen und ihre Marken dadurch entsprechend anzureichern, zu verjüngen und auch neue Nutzer zu gewinnen. Das Ganze funktioniert allerdings nur, wenn der Markenkern glaubwürdig und authentisch bleibt.

Die Entscheiderkommunikation war hierzulande lange Zeit fixiert auf Titel wie Wiwo, Manager Magazin oder Handelsblatt. (Inwiefern) Spielen diese Publikationen mitsamt ihren digitalen Ablegern im Informationsmix jüngerer Entscheider noch eine Rolle?

Hesse: Ja, aufgrund der hohen redaktionellen Qualität spielen diese Medien weiterhin eine Rolle, zudem werden auch hier neue relevante digitale Plattformen ergänzt. So wird mit entsprechenden Präsenzen auf LinkedIn experimentiert und die Podcasts der Entscheidermedien erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Es ist aber durchaus so, dass eine relevante, erfolgreiche Kommunikation für junge Entscheider heute weitaus mehr leisten muss als die oben gennannten Titel mit Anzeigen zu belegen.

Hat sich im Zuge der Digitalisierung auch das Nutzungsverhalten älterer Entscheider spürbar gewandelt?

Auch hier ist, ebenso wie in deren privater Mediennutzung, sehen wir einen deutlichen Wandel in Richtung digital. Das beeinflusst, wie und wo Inhalte auch im beruflichen Kontext konsumiert werden.

Welche Folgen hat die veränderte Mediennutzung (jüngerer) Entscheider für die gängigen Reichweiten- bzw. Markt-Media-Studien (LAE, Agof, b4p etc.)? Werden sie für die Planung von Entscheiderkampagnen überhaupt noch benötigt?

Aufgrund ihrer hohen Qualität und Umfang spielen die gängigen Markt-Media-Studien natürlich bei der Planung immer noch eine Rolle und liefern wertvolle Insights. Aufgrund der sich diversifizierenden Landschaft auch bei Entscheidermedien müssen sich diese aber entsprechend weiterentwickeln, um ein zeitgemäßes Bild der relevanten Kommunikationskanäle abzubilden, um eine nutzerzentrierte, ganzheitliche Planung auch für Entscheiderkommunikation zu gewährleisten. Für uns aus der Planungsperspektive ist es daher notwendig, darüber hinaus weitere Datenquellen einzubinden, um durch entsprechende Insights, Aktivierung und Optimierung relevante und erfolgreiche Entscheiderkommunikation für unsere Kunden zu gestalten.

Veröffentlichung von Teilauszügen dieses Interviews in „Horizont“ vom 30. Oktober 2019, Seite 30

Der Beitrag „Leitartikel verlieren Bedeutung in Entscheiderkommunikation“ erschien zuerst auf Publicis Media.

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